ein Kommentar von Markus Lobis
Die gestrige Debatte zum Tagesordnungspunkt „Beschlußantrag von Adolf Engl zum Haus der Solidarität“ war kein parlamentarisches highlight – im Gegenteil: Über weite Strecken dominierte systematisches Aneinandervorbeireden und eine nachgerade peinliche Argumentationsführung durch die VertreterInnen der Mehrheit.
Der Beschlußantrag, in dem Bürgerlisten-Gemeinderat Adolf Engl die Zuweisung des gemeindeeigenen Hauses in der Runggadgasse/Ecke Widmannbrückengassen („Leo-Waisenhaus“) an den Trägerverein des „Hauses der Solidarität“ forderte, wurde schließlich abgelehnt.
Gleich zu Beginn der Debatte meldete sich SVP-Fraktionssprecher Heini Ferretti zu Wort und warf der Bürgerliste vor, sie würde absichtlich Beschlußanträge einbringen, die die Mehrheit ablehnen müsse. Ein abstruser Vorwurf, wie ich meine. Müssen wir in Zukunft die SVP & soci vorher fragen, zu welchen Themen ihnen unsere Beschlußanträge und Anfragen genehm sind?
Dann trug Ferretti eine Erklärung der Koalitionspartner vor, die dann abwechselnd und mit theatralischer Regieführung von den Fraktionssprecher Bruno Festini und Alberto Ghedina weitergelesen wurde. In der Erklärung lehnte die Mehrheit den Vorschlag ab, das Haus der Solidarität im Gebäude in der Runggadgasse unterzubringen.
Die Begründung, die Ferretti und die Koalitionspartner vorbrachten, war wenig stichhaltig und zielte in erster Linie darauf ab, die wahren Gründe für die ablehnende Haltung der Mehrheit zu verschleiern. Da war von fehlenden Parkplätzen die Rede, von Angst vor zusätzlichem Verkehr, dem schlechten Erhaltungszustand des Gebäudes und hohen Kosten für dessen Sanierung. Alles sehr nebulös und einzig vom offenkundigen Ziel getragen, die Debatte möglichst im Keim zu ersticken.
Aus einer Zuweisung dieses Hauses an den HdS-Trägerverein wird vorerst nichts – die besorgten Vertreter der Mehrheit wollen keine weiteren „Problemherde“ in Brixens „dunkler Zone“. Haben sie nicht verstanden, welche Art von Arbeit im Haus der Solidarität geleistet wird?
Nur zwischen den Zeilen blitzten manchmal kurz die wahren Gründe auf, die zur ablehnenden Haltung der Mehrheit geführt haben dürften und die von einem profundem Misstrauen und Unkenntnis der SVP und ihrer Koalitionäre gegenüber der Tätigkeit des „Haus der Solidarität“ zeugt. Die Vertreter der Mehrheit bezeichneten das Viertel rund um die Runggadgasse als Problemzone und spielten damit auf einen hohen Ausländeranteil unter der Wohnbevölkerung an, ohne jedoch das Kind beim Namen zu nennen. Auch Stadträtin Amhof hatte im Vorfeld gegenüber den Medien von einem „dunklen Viertel“ gesprochen, präzisierte bei der Gemeinderatssitzung allerdings, dass sie damit die schwache Beleuchtung der Gasse gemeint hatte.
In diese Problemzone, so die Vertreter der Mehrheit sinngemäß, könne man nicht noch weitere Problemherde hineinpflanzen.
Im Laufe der zweieinhalbstündigen Debatte, die von Vertretern des „Haus der Solidarität“ im Publikum mitverfolgt wurde, äußerten sich auch die Oppositionsvertreter Bova (Casa delle libertà) und Blaas (Die Freiheitlichen) gegen den Standort in der Runggadgasse. Wir haben in mehreren Stellungnahmen eine fundiertere Argumentation gefordert und betont dass gerade Einrichtungen wie das Haus der Solidarität in jene Stadtgebiete gehören, in denen es Integrationsprobleme gibt oder wo sie entstehen könnten.
Die Menschen, die sich im Trägerverein des „Hauses der Solidarität“ und in den angeschlossenen Vereinen und Initiativen engagieren, kommen aus der Mitte der Zivilgesellschaft und geben couragierte Antworten auf große Herausforderungen unserer Zeit. Sie zeigen in beeindruckender Weise, was die BürgerInnengesellschaft zu leisten im Stande ist und legen Wert auf weitgehende Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie. Das „Haus der Solidarität“ entzieht sich der in Südtirol üblichen politischen Kontrolle durch die SVP.
Das ist der konservativen politischen Mehrheit suspekt. Dazu gesellt sich die Tatsache, dass vor allem fortschrittliche gesellschaftspolitische Kreise hinter dem Sozialprojekt stehen und sich die SVP mehr Stimmen von jenen erwartet, die neuen MitbürgerInnen eher reserviert gegenüber stehen und dass die Volkspartei darauf bedacht ist, bei den Gemeinderatswahlen im nächsten Jahr den Spielraum der Freiheitlichen möglichst eng zu gestalten.
Die Mehrheit lehnte schließlich unseren Antrag ab, eine/n der anwesenden VertreterInnen des Trägervereins zu Wort kommen zu lassen, obwohl es bei anderen Tagesordnungspunkten immer wieder vorkommt, dass Proponenten oder Vertreter von Vereinen oder Initiativen angehört werden. Dabei wäre wohl herausgekommen, dass viele Behauptungen der Mehrheit in Zusammenhang mit den bisherigen Bemühungen und Gesprächen nicht stichhaltig waren.
Die Mehrheit hat wieder einmal bewiesen, dass sie kein Interesse an fundierten Debatten im Gemeinderat hat und sich höchstens mal ein bißchen aus der Reserve locken lässt, wenn Publikum da ist. Dabei hinterlässt sie im allgemeinen keine gute Figur, sowohl rhethorisch, als auch argumentativ.Vielleicht täten den Mehrheitsvertretern, von denen man oft im Gemeinderat jahrelang nichts hört, häufigere angeregt Debatten gut.
Am liebsten wären SVP & Co. im Gemeinderat aber wohl schnelle Abstimmungen ohne Debatte. Denn wenn – oft nach mühsamer interner Debatte – die SVP-Fraktion in ihren Montagssitzungen zu ihren Entscheidungen gekommen ist, ist alles andere in den Augen der Edelweißvertreter nur mehr Zeitverlust…
Wo kämen wir da hin, wenn jeder Verein sich aussuchen kann, welches Gebäude er gerade haben möchte? Die Leute vom HDS sollen schauen, wo sie bleiben. Ich versteh nicht, dass da so ein Aufheben gemacht wird, wegen der paar Hanseln. Was haben die schon zuwege gebracht?
Ich finde gut, dass Pürgstaller dem ganzen Haufen klar sagt, wo’s lang geht!
Lieber Paul C., du scheinst auch zu den Leuten zu gehören, die noch nicht verstanden haben, um was es beim „Haus der Solidarität“ geht.
Eine Gruppe engagierter BürgerInnen aus der Mitte der Zivilgesellschaft (und deshalb vermutlich nicht gerade SVP-Kernzone…) leistet vorbildliche Sozial- und Integrationsarbeit. Der Trägerverein des Hauses ist „Cultura-Socialis“-Preisträger, wenn Dir das was sagt, was ich mich nach der Lektüre Deiner Zeilen kaum zu vermuten getraue.
Der Pürgstaller sagt zur Zeit, glaube ich, niemandem irgend etwas. Er wird nur mehr von seinen Leuten getrieben und muss zusehen, dass SVP-intern nicht bald offen die Frage aufgeworfen wird, wen das SVP zur nächsten Gemeinderatswahl als Bürgermeister-Kandidaten ins Rennen schickt.
Vielleicht ist das ganze Manöver auch als verzweifelter Versuch zu sehen, die SVP-Schotten nach rechts dicht zu machen. Aber das kann gewaltig in die Hosen gehen…